Umfrage: AfD in Sachsen vor der CDU, andere Parteien abgeschlagen
Die AfD ist in einer Umfrage erneut die stärkste Partei in Sachsen. Sie konnte nochmal zulegen. Die CDU auf Rang zwei aber auch. Die SPD müsste um den Einzug in den Landtag bangen.
Die AfD liegt in Sachsen laut einer Wahlumfrage vor der CDU. Bei der Befragung des Meinungsforschungsinstitutes Civey und der „Sächsischen Zeitung“ kam die AfD auf 37 Prozent, die CDU auf 33 Prozent. Vor einem Monat lagen die beiden Parteien in der gleichen Umfrage noch gleichauf.
Die SPD liegt demnach aktuell bei drei Prozent und muss um den Einzug in den Landtag bangen, die FDP kommt auf ein Prozent. Auch die Grünen mit sieben Prozent und die Linke mit acht Prozent liegen weit abgeschlagen hinter AfD und CDU. Die nächste Landtagswahl in Sachsen ist am 1. September 2024 geplant. Der sächsische Verfassungsschautz hatte im Dezember 2023 erklärt, dass die AfD im Freistaat rechtsextrem sei.
AfD steigert ihren Wert, CDU auch
Die Meinungsforscher stellten 3004 Menschen die Sonntagsfrage: „Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl in Sachsen wäre?“. Die Befragung wurde zwischen 18. Dezember und 1. Januar online vorgenommen. Die Ergebnisse sind den Angaben zufolge repräsentativ unter Berücksichtigung der Fehlertoleranz (2,9 Prozent).
Bei der Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Insa hatte die AfD Anfang September mit 35 Prozent den höchsten Zustimmungswert erhalten, die CDU landete mit 29 Prozent auf Platz zwei. Dahinter rangierten die Linke (9 Prozent), SPD (7), Grüne (6) und FDP (5).
Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.
Andreas Debski 02.01.2024
Superwahljahr 2024 in Sachsen: Wer wird künftig den Freistaat regieren?
In Sachsen werden in diesem Jahr gleich mehrere politische Ebenen neu gewählt. Besonders interessant wird zweifellos die Landtagswahl: Wer wird künftig den Freistaat regieren?
Eine solche Ballung gibt es selten: Die Sächsinnen und Sachsen sind in diesem Jahr gleich bei drei Wahlen gefragt. Der Auftakt wird in den Kommunen gemacht, parallel findet am 9. Juni die Abstimmung zum Europaparlament statt. Zum Superwahljahr-Finale gibt es dann am 1. September die Landtagswahl, die wohl so spannend wie noch nie werden dürfte.
Die Kommunalwahlen
Kaum wurde das Jahr 2024 eingeläutet, wird in Sachsen bereits das erste Mal gewählt. Am 4. Februar stimmen die Einwohnerinnen und Einwohner von Geyer (Erzgebirge), Lichtentanne (Landkreis Zwickau) und Muldenhammer (Vogtland) über neue Bürgermeister ab – und vollziehen damit den Auftakt für ein Superwahljahr im Freistaat. Im März folgen unter anderem Doberschütz (Nordsachsen) und Wilsdruff (Sächsische Schweiz/Osterzgebirge), im Juni Schkeuditz (Nordsachsen).
Der große Aufschlag passiert dann aber am 9. Juni: In allen 418 sächsischen Gemeinden werden die Kommunalparlamente neu gewählt, parallel auch die zehn Kreistage. Daneben finden an diesem Tag auch in vielen Gemeinden die Ortschaftsratswahlen statt – vor fünf Jahren waren es insgesamt 866. Damals hatten sich knapp 17.000 Frauen und Männer für Gemeinderäte und rund 4500 Kandidatinnen und Kandidaten für Kreisräte beworben. Es wird erwartet, dass die Zahlen in diesem Jahr ähnlich sein werden.
Es sind die Wahlen, bei denen es darum geht, was genau vor Ort passiert: Dafür sind rund 3,3 Millionen Sächsinnen und Sachsen wahlberechtigt. Abstimmen dürfen alle, die mindestens 18 Jahre alt sind. Damit ist der Freistaat eines von lediglich noch fünf Bundesländern, in denen für Kommunalwahlen dieses Wahlalter vorgeschrieben bleibt – der Freistaat bildet damit auch eine Ausnahme etwa in Ostdeutschland. Außerhalb Sachsens gilt für Kommunalwahlen meist die Grenze von 16 Jahren.
Die Europawahl
Am 9. Juni wird es auch um die ganz große Politik gehen: Mit der Europawahl wird über die Zusammensetzung des neuen EU-Parlaments entschieden – und dessen Entscheidungen werden immer wichtiger, schlagen ebenso nach Sachsen durch. Beispielsweise wurde auch ein Qualitätssiegel beschlossen, um die geografische Herkunft herauszustellen. Daneben fließen viele Millionen etwa in den ländlichen Raum und in soziale Projekte.
Hier gilt das Wahlalter von 16 Jahren: Damit dürfen erstmals auch Jugendliche an der Europawahl teilnehmen. Das hatte der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition beschlossen und gilt deutschlandweit. Die Wahlbenachrichtigungen werden Anfang Mai verschickt.
Vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung bei gut 63 Prozent und damit um ein Viertel höher als noch 2014. Damals traten 40 Parteien an. Die AfD war 2019 bei der Europawahl in Sachsen erstmals auf Platz 1 gekommen und erreichte 25,3 Prozent. Dahinter folgten die CDU (23,0), die Linke (11,7), die Grünen (10,3), die SPD (8,6) sowie die FDP (4,7).
In Sachsen wird am 1. September 2024 der Landtag neu gewählt. Aktuell sitzen 119 Abgeordnete im Parlament. Der Frauenanteil im Landtag liegt momentan bei knapp 28 Prozent, wobei die AfD mit 11 Prozent und die CDU mit 22 Prozent die wenigsten weiblichen Abgeordneten stellen. In Sachsen muss man 18 Jahre alt sein, um an einer Landtagswahl teilnehmen zu dürfen.
Umfragen sehen derzeit die AfD als stärkste Partei. Beim Meinungsforschungsinstitut Insa kommt die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Partei auf 35 Prozent. Die CDU liegt demnach mit 29 Prozent auf Platz zwei. Die weiteren Parteien folgen mit großem Abstand: 9 Prozent würden die Linke wählen, 6 Prozent die Grünen, 7 Prozent die SPD, 5 Prozent die FDP.
Ein ähnliches Bild zeichnen auch die Macher von Wahlkreisprognose.de: Allerdings wird hier einer neuen Partei der ehemaligen Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht ein Potenzial von aktuell 14,5 Prozent zugetraut – was vor allem zulasten der AfD, der Linken und der SPD gehen würde. Chancen auf einen erstmaligen Landtagseinzug rechnen sich auch die Freien Wähler aus, die vor allem in den Kommunen mit regional bekannten Politikerinnen und Politikern punkten wollen.
Die Regierungsbildung
Schon heute deutet sich an, dass die Regierungsbildung im nächsten Jahr nicht einfach werden dürfte. Die derzeitige Koalition aus CDU, Grünen und SPD könnte womöglich keine Mehrheit mehr erhalten. Zudem macht Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) aus seiner Abneigung gegen die Grünen keinen Hehl. Die AfD wird von allen Landtagsparteien als Koalitionspartner ausgeschlossen. Sollte es nicht zu einer Zweier-Konstellation reichen, was sich derzeit abzeichnet, könnte es auf ein neues Dreier- oder sogar Vierer-Bündnis hinauslaufen – gerade die letztere Variante wird von den meisten Beteiligten aber nahezu ausgeschlossen.
Als Alternativen, die bereits acht Monate vor der Abstimmung diskutiert werden, gelten zum einen eine CDU-Minderheitsregierung, die sich dann auf wechselnde Mehrheiten einlassen müsste. Zum anderen wird von der Linken eine sogenannte Expertenregierung ins Gespräch gebracht, mit einem parteilosen Ministerpräsidenten an der Spitze.
Zumindest macht die sächsische Verfassung klare Vorgaben über das formale Prozedere. Spätestens am 30. Tag nach der Wahl muss der neue Landtag zusammentreten. Anschließend ist innerhalb von vier Monaten eine Ministerpräsidentin oder ein Ministerpräsident zu wählen. Erfolgt dies nicht, wird der Landtag aufgelöst – und es muss neu gewählt werden.
Andreas Debski und Kai Kollenberg 02.01.2024
Diese fünf Personen werden 2024 in Sachsen wichtig – ein Ausblick
Die eine bezieht Position gegen die AfD, der andere muss einen Sender neu aufstellen: Die LVZ stellt drei Frauen und zwei Männer vor, von denen man in den nächsten Monaten hören wird.
Gleich drei Mal werden die Sächsinnen und Sachsen in diesem Jahr an die Wahlurne gebeten: bei der Kommunal-, der Europa- und der Landtagswahl. Keine Frage, dass da Landesregierung und Landtag im Fokus stehen. Dennoch gibt es abseits davon auch andere Persönlichkeiten, die 2024 wichtig sein oder werden können. Die LVZ stellt fünf dieser Menschen vor.
Judith Borowski, Chefin von Nomos Glashütte
Die AfD kann es kaum erwarten, dass am 1. September die Landtagswahl ansteht. Die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Partei träumt von der absoluten Mehrheit. Dazu ließe sich vieles sagen. Auffallend ist, wer in Sachsen dazu größtenteils schweigt: die Wirtschaft. Zu den wenigen, die Stellung beziehen, zählt Judith Borowski, Geschäftsführerin der Uhrenmanufaktur Nomos Glashütte: „Viel steht auf dem Spiel. Wir leben in einer sehr politischen Zeit, und Wirtschaft muss sich einmischen.“
Borowski, Jahrgang 1969, positioniert sich seit Jahren gegen die AfD. „Wer AfD wählt, gefährdet Jobs, schadet dem Standort. Chefs und Chefinnen, die jetzt nicht Haltung zeigen, tun dies auch“, sagt sie mit Blick aufs Wahljahr. „Denn die AfD schadet der Demokratie: Sie ist eine Partei, die das Grundgesetz nicht respektiert.“ Wer die Demokratie riskiere, riskiere auch den Wohlstand – davon ist Borowski überzeugt.
Nomos bietet Workshops an, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sensibilisieren. Es geht unter anderem darum, wie sie Hass im Netz umgehen können, wie Verschwörungstheorien funktionieren und wie Fake News von echten Nachrichten unterschieden werden können. Solche Kurse werde es bei Nomos geben, solange sie nachgefragt würden, sagt die Geschäftsführerin: „Ich glaube, Politiker wie Unternehmer, auch wir bei Nomos, sollten besser erklären, was auf dem Spiel steht, wenn im Superwahljahr 2024 die AfD weiter zulegt.“
Die Untergangsstimmung der AfD teilt Borowski nicht: Es sei wichtig, „dass wir unseren Mitarbeitenden Sicherheit geben: Es geht uns gut. Vieles hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Ich wünsche mir, dass wir lernen, uns mehr darüber zu freuen.“ Man müsse einander zuhören, andere Meinungen gelten lassen: „Wer am Arbeitsplatz spürt, dass er wirksam ist, engagiert sich eher auch im Elternbeirat, Stadtrat oder Sportverein. Oder für ein anderes kleines Stückchen Sachsens.“
Matthias Berger, Spitzenkandidat der Freien Wähler
Er hätte es sich einfach machen können. Matthias Berger ist seit 2001 Bürgermeister in Grimma (Landkreis Leipzig), erst vor anderthalb Jahren wurde der parteilose Rechtsanwalt mit knapp 86 Prozent bestätigt. Die Amtszeit würde bis 2029 gehen. Dann wäre Berger 61 Jahre. Doch der Mann, der nicht wenigen als unbequem gilt, startet mit einer Kampfansage in das neue Jahr: Der OBM will in die Landespolitik.
„Unser Land befindet sich sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene in einem katastrophalen Zustand. Die Menschen haben den Glauben an den Staat, seine Institutionen und vor allem seine Verantwortlichen verloren“, nennt Berger den Grund, seine Komfortzone zu verlassen. Für die Landtagswahl sieht er zwei Szenarien, die sich abzeichnen: „Sachsen steht vor der Wahl zwischen einer AfD-Regierung oder einem von der CDU geführten links-grünen Parteienbündnis.“ Als Spitzenkandidat will Berger nun den Freien Wählern zum erstmaligen Sprung in den Landtag verhelfen – inklusive eines zweistelligen Ergebnisses und einer Regierungsbeteiligung.
Ein Unterfangen, an dem schon einige Kandidatinnen und Kandidaten vor ihm gescheitert sind. Doch Berger ist nicht nur ein Lautsprecher, der immer wieder aneckt und sich bereits in der Vergangenheit mit der Landespolitik angelegt hat, sondern hat auch die Fähigkeit, den Menschen auf den Mund zu schauen. In der Leipziger Region dürfte der OBM eine Instanz und nicht zuletzt als Flutmanager bekannt sein. Die entscheidende Frage wird sein, ob er sein bisheriges (kommunal-)politisches Gewicht auch sachsenweit entfalten kann.
„Natürlich muss man sich als Neuling auf Landesebene erst das Vertrauen der Sachsen erarbeiten“, räumt Berger ein. Als Vorbild nennt er Bayern: „Dort arbeitet seit Jahren aus meiner Sicht sehr erfolgreich eine konservative CSU/Freie Wähler-Regierung.“ Wie auch immer die Wahl ausgehen wird – von Berger wird mindestens bis September zu hören sein.
Regina Kraushaar, Präsidentin der Landesdirektion
Die Debatte über die Asylpolitik hat das Jahr 2023 geprägt – 2024 wird dieses Thema Sachsen erhalten bleiben. Die Anzahl der ankommenden Asylbewerber ist zwar zum Jahresende zurückgegangen. Doch die Kommunen im Freistaat klagen weiterhin, dass beispielsweise Unterbringungsmöglichkeiten für die Geflüchteten rar sind. Regina Kraushaar kennt diese Bedenken. Die 59-Jährige leitet die Landesdirektion. Ihr Haus koordiniert unter anderem die Erstaufnahme der Asylbewerber und deren Verteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte.
Die Flüchtlingslage werde auch in diesem Jahr „allen Verantwortlichen, ganz besonders aber den Kommunen, einiges abverlangen“, sagt Kraushaar. „Engpässe in der kommunalen Infrastruktur, etwa bei den Handlungsfeldern Kita, Schule, Wohnungen oder diverser Maßnahmen zur Integration, könnten sich verfestigen.“
Beispiele, wo es noch immer hakt, finden sich in Sachsen: Der Kultusminister hat jüngst betont, dass man bei der Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in den Schulen nicht hinterherkomme. Besonders wegen des aufziehenden Landtagswahlkampfs blicken Politiker besorgt auf die Flüchtlingssituation.
Kraushaar glaubt aber, dass die Herausforderungen beherrschbar bleiben: „Optimistisch machen mich schlicht die vielen guten Erfahrungen, die wir trotz vieler Widrigkeiten gemeinsam gemacht haben.“ Man habe sich „wöchentlich mit den Kommunen abgestimmt – und das sehr kleinteilig, differenziert und lösungsorientiert“. Gemeinsam mit dem Finanz- und dem Innenministerium sei es gelungen, die Plätze in den Aufnahmeeinrichtungen des Freistaats mehr als zu verdoppeln: Knapp 8300 sind es jetzt in der Erstaufnahme. „Wir haben Konzepte, wir haben bewährte Formate, wir ziehen gemeinsam an einem Strang.“
Daran hält die Präsidentin der Landesdirektion 2024 fest: „Wir sind und bleiben im Gespräch.“
Ralf Ludwig, MDR-Intendant
„Herausfordernde Zeiten“ seien das, sagt Ralf Ludwig neulich, als er im MDR-Nachmittagsprogramm interviewt wird. Zu allem möglichen soll der MDR-Intendant da Auskunft geben. Besonders aber zur generellen Frage, wie er den mitteldeutschen Sender aufstellen möchte. 2024 könnte schließlich ein einschneidendes Jahr für den MDR und für Ludwig werden.
Ende November hat der 55-Jährige einen ersten Ausblick gewagt. Da kündigte er – kurz nach seinem Amtsantritt – ein Sparprogramm an. 2024 muss der MDR mit 13 Millionen Euro weniger auskommen. Ab 2025 sind weitere Einsparungen von mindestens 40 Millionen Euro geplant. Das geht zulasten des Programms, gerade im Unterhaltungsbereich wird der Rotstift angesetzt. Doch auch beim Personal wird sich das bemerkbar machen. Alle MDR-Standorte sind laut Ludwig betroffen. „Es ist nie schön, Einsparungen zu machen“, sagt er im Nachmittagsprogramm. „Aber das ist nun mal die Notwendigkeit.“
Der verhängte Sparkurs könnte aber auch an anderer Stelle entscheidend sein. Die Bundesländer müssen in den nächsten Monaten über einen erhöhten Rundfunkbeitrag befinden. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs plädiert für ein Plus um 58 Cent auf 18,94 Euro ab 2025. Gerade in Mitteldeutschland kommt das nicht gut an: Sachsen lehnt eine Erhöhung in dieser Form ab. Auch Sachsen-Anhalt will nicht mitziehen.
Ludwig wird hier Überzeugungsarbeit leisten müssen. Wie sensibel diese Aufgabe ist, zeigt sich schon im Vorfeld. Auf Anfrage äußert sich der Intendant nicht zur Frage, wie er die Widerstände auflösen möchte.
Wie gut, dass Ludwigs Jahr da mit Erfreulichem starten kann: Ab 8. Januar verantwortet sein Sender das „Mittagsmagazin“ für die ARD. Die Vorbereitungen laufen seit Monaten. Der Intendant ist begeistert: „Wir haben dann die Chance, mehr regionale Inhalte aus Mitteldeutschland bundesweit bekannt zu machen.“
Sabine Zimmermann, Bündnis Sahra Wagenknecht
Wenn Sahra Wagenknecht in den vergangenen Monaten in Mitteldeutschland auftrat, wurde die abtrünnige Linke gefeiert. Der Bruch mit ihrer bisherigen Partei hatte sich schon lange abgezeichnet – nun ist er seit gut zwei Monaten vollzogen. Wie soll es aber weitergehen? „Wir arbeiten auf Hochtouren konsequent im Team daran, dass unsere neue Partei einen guten Start hat“, sagt Sabine Zimmermann, die Länderbeauftragte des Wagenknecht-Bündnisses für Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Die 63-Jährige dürfte in den nächsten Monaten noch von sich reden machen.
Zimmermann bringt einige politische Erfahrung mit: Die Zwickauerin war von 2005 bis 2021 Bundestagsabgeordnete für die Linke, ist Arbeitsmarkt- und Sozialexpertin, war Gewerkschaftssekretärin und Vorsitzende des DGB in der Region Vogtland-Zwickau. Jetzt will sie noch einmal neu anfangen: „Ich rede sehr viel mit Bürgerinnen und Bürgern, und man merkt, dass die Unzufriedenheit mit der Ampel-Politik groß ist. Es ist richtig Druck im Kessel. Man spürt die Unzufriedenheit – und die Hoffnung in unsere neue politische Kraft.“
Tatsächlich scheint das Potenzial einer Wagenknecht-Partei in Sachsen erheblich. Laut einer LVZ-Umfrage können sich 29 Prozent der Befragten grundsätzlich vorstellen, bei der Landtagswahl für eine solche Neugründung zu stimmen. Darüber hinaus haben sich 26 Prozent noch keine Meinung gebildet. Dagegen schließen lediglich 41 Prozent der Befragten aus, für Wagenknecht zu votieren.
Die ersten Bewährungsproben werden die Kommunalwahlen und die Europawahl am 9. Juni sein. Am 1. September folgt die Landtagswahl in Sachsen. „Ein Scheitern kalkuliere ich nicht ein, weil es für mich der richtige Weg zu einer besseren Politik ist“, sagt Zimmermann, die ein „sehr gutes Ergebnis“ erreichen will. Entscheidend dürfte allerdings werden, inwieweit Wagenknecht in Sachsen selbst in Erscheinung treten wird.
Sachsen steht vor Superwahljahr – Politiker sollen mit AfD mehr streiten
Wer verhindern will, dass die AfD bei den Wahlen in Sachsen zur stärksten Kraft wird, muss seine Politik ändern, sagt der Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt. Im Freistaat finden in diesem Jahr Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen statt.
So spannend war es wohl noch nie: Sachsen geht in ein Superwahljahr – und dabei steht insbesondere die Frage im Fokus, wer den Freistaat künftig regieren wird. Die Abstimmung über den Landtag findet am 1. September statt. Zuvor werden im Juni bereits Hunderte Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte sowie das Europaparlament neu gewählt.
„Wir wollen deutlich stärkste Kraft werden“, kündigt Sachsens CDU-Generalsekretär Alexander Dierks an. Ähnliches ist von AfD-Landeschef Jörg Urban zu vernehmen: Die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Partei will weit über die 30-Prozent-Marke und damit auf Platz 1 im Freistaat kommen.
AfD könnte in drei Ost-Ländern stärkste Partei werden
Aufgrund von aktuellen Umfragen könnte es zu einem Durchmarsch der AfD in gleich drei ostdeutschen Bundesländern kommen: Nicht nur in Sachsen wird in diesem Jahr abgestimmt, auch in Thüringen und Brandenburg stehen Landtagswahlen an. In allen drei Ländern liegt die AfD aktuell bei den Meinungsforschern vorn. In Sachsen ist darüber hinaus interessant, ob es die neue Partei der ehemaligen Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht und auch die Freien Wähler erstmals in den Landtag schaffen. Damit könnte es zu einem Umbruch in der Landespolitik kommen.
„Die einschlägigen Umfragen – in Verbindung mit inzwischen mehrjährigen Trends – lassen erwarten, dass die AfD bei den kommenden ostdeutschen Wahlen zur stärksten Partei wird“, sagt der Dresdner Politikwissenschaftler Prof. Werner J. Patzelt. Die Ursache liege aber weniger in einem Rechtsruck der Bevölkerung, so Patzelt, sondern „in falscher und nun vor aller Augen scheiternder Politik“. Die Einstufung der AfD als rechtsextremistisch bezeichnet der Politikexperte als „Verzweiflungstat der etablierten Parteien“.
Ex-Verfassungsrichter warnt vor rechtsextremer Partei
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, warnt in diesem Zusammenhang: „Die AfD als stärkste Fraktion in einem oder mehreren Landtagen würde die politische Landschaft Deutschlands umkrempeln. Die politischen Köpfe dieser Partei zielen auf eine grundsätzliche Systemveränderung.“ Voßkuhle räumt gegenüber dem „Tagesspiegel“ ein, dass es „nicht leicht wird, die AfD als stärkste Kraft zu verhindern“.
Für eine mögliche Mehrheit fehlt der AfD bisher jedoch ein potenzieller Koalitionspartner – keine im Landtag vertretene Partei will mit ihr zusammenarbeiten. Als Wunschpartner benennt der Landesvorsitzende Urban die CDU: Sie müsse sich allerdings „hübsch machen“, um koalitionsfähig zu sein, betont er. Dagegen gebe es auf kommunaler Ebene schon jetzt gemeinsame Entscheidungen.
Meinungsforscher: Regierungschef Kretschmer im Aufwind
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) hat eine Koalition mit der AfD wiederholt ausgeschlossen. Er strebt nach der Landtagswahl ein Bündnis mit nur noch einem Partner an. „Das Wahlziel ist eine handlungsfähige Regierung aus der Mitte des demokratischen Spektrums, nach Möglichkeit mit einem statt zwei Partnern“, macht Kretschmer klar.
Laut dem Internetportal Wahlkreisprognose.de befindet sich Kretschmer im Aufwind: Die Zustimmung ist von 45 Prozent im Sommer auf aktuell 57 Prozent gestiegen. AfD-Chef Urban erreicht leicht verbesserte 26 Prozent. Dagegen hätte die amtierende Sachsen-Koalition aus CDU, Grünen und SPD laut einer LVZ-Umfrage derzeit keine eigene Mehrheit.
Politikexperte Patzelt: Wahre Gründe für AfD-Aufstieg anpacken
„Man sollte begreifen, was die wirklichen Gründe für den Aufstieg der AfD sind“, rät der Politologe Patzelt, „dann würde man einerseits öffentlich mit AfD-Politikern streiten – und obendrein solche Politiken korrigieren, die von großen Teilen der Bürgerschaft abgelehnt werden.“ Beides könnte das Superwahljahr 2024 „zu mehr als einer bloßen Abrechnung mit den etablierten Parteien“ machen, sagt Patzelt.